13 Juni 2017

Mannheim verändert die Welt

Keine Stadt hat folgenreichere Erfindungen hervorgebracht als Mannheim. Ohne Karl Drais und Karl Benz und ihre in Mannheim entwickelten Zwei- (Laufmaschine, 1817),  Drei- und Vierräder (Velociped, 1894) würden wir heute auch in Städten ein buchstäblich ruhiges Leben führen, mit Straßen, die sich "einfach nur so" überqueren ließen. "Einfach nur so" drückt etwas aus, was man sich heute kaum noch vorstellen kann: Straßen und Wege, die nicht rechts und links mit Autos zugestellt sind; Plätze, die nicht voller Autos stehen; und Menschen, die ohne nach rechts oder links schauen zu müssen jederzeit über die Straße gehen können, an jeder beliebigen Stelle, ohne Ampeln, ohne Zebrastreifen, ohne Warten, ohne Angst.

Doch nicht nur Lärm, Raserei und Abgase stören, auch ästhetisch sind die Automassen kaum zu ertragen. Das Zuparken des öffentlichen Raums lässt keinen Ort ohne Autos. Zweispurige Straßen in der Stadt sind, richtig betrachtet, vierspurig: zwei Parkspuren, zwei zum Fahren.

In nur 100 Jahren hat das Auto die Lebensqualität in unseren Städten dramatisch gesenkt und zum Ausgleich die Luftverschmutzung gewaltig erhöht. Versuche, das Auto zu verbannen, scheitern sogar in Oslo: https://www.theguardian.com/cities/series/guardian-cities-cycle-week

Karl Drais also mitschuldig am Lärm der Autos, am Brausen der Autobahnen, das auch noch 40 km windabwärts zu hören ist? Nein, nicht persönlich, wohl aber indirekt als Wegbereiter einer verhängnisvollen Technologisierung des Personentransports, die sich mit Wucht auf Verbrennungsmotoren warf. So ist es kein Zufall, dass sich Benz für sein "Velociped" aus der Fahrradteilekiste seiner Zeit bedient. Der Fahrradfahrer von damals war, ohne es auch nur zu ahnen, der apokalyptische Voreiter der BMW-Raser von heute.

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