Mit Spaß und Fun kennt sich auch Herr Schlie aus, wenngleich er das Wort nicht richtig schreiben kann: auf seiner Webseite steht es mit Doppel-s, was den vorangehenden Vokal deutlich kürzer macht als er sein sollte. Damit klingt es wie "Spastik" und ist falsch.
Herr Schlie ist, wie schon im Spiegel-Artikel vor ein paar Tagen, wieder einmal im Dienste der Firma Bosch zugange. Er baut Pfade für Mountain Bikes, die idealerweise nur mit motorisierten MTBs zu befahren sind, sogenannten eMTBs. Und der Motor sollte natürlich von Bosch stammen.
Aber lassen wir Herrn Schlie selbst zu Wort kommen:
"Ich komme bergauf in einen einzigartigen Flow, tauche also in ein Gefühl einer fließenden Bewegung ein, in dem mich nichts stört und ich in einen Zustand übergehe, der den Moment und alles um mich herum vergessen lässt. Es geht einfach ums Genießen, ums Spaß haben und ums Entspannen."Dieser "einzigartige Flow" scheint mehr eher durch den Flow von reichlich Geld aus der Schatztruhe der Robert Bosch GmbH bedingt zu sein. Bosch als Partner? Die Firma, die für einen neuen Akku 500 Euro will? Die Firma, die mit schicker Schummelsoftware Stinkediesels saubermogelt? Der Konzern, der, wie Angela Martin und Hanna Sjöberg dokumentiert haben, auch wenn's schon lange her ist, KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter beschäftigt hat? Und nun, so schreibt BIKE Bild, zeigt ausgerechnet Bosch ein Herz für Radfahrer. "Bosch" taucht im redaktionellen Text insgesamt 15 mal auf, mit allerhand Produkten, die, ich greife einmal vor, meist völlig unnötig oder sogar absurd sind. ABS für Fahrräder? Ach nein, lassen Sie's mal gut sein. Mir sind schon Scheibenbremsen zu schwer und wartungsintensiv.
Schön wäre allerdings ein Flow durch überfüllte Innenstädte. Alle paar Minuten an einer Ampel halten zu müssen, zermürbt. Radwege, unbelastet von Automief (Bosch fuel injection!) und Autoverkehr, wären schön. Vielleicht könnte sich Bosch einmal grundsätzlich Gedanken zum Verkehrsfluss machen, anstatt immer nur gewinnsteigernd an den Symptomen herumzudoktern.
Der zweite Flow, der etwas wert ist, findet sich in der Musik: “[The] ultimate a conductor can achieve is the legato melody [...], a living, breathing flow.” Allerdings brauchte Wilhelm Furtwängler (1886–1954) dafür kein Englisch. Im Originalton heißt es: "Das Letzte und Größte, was ein Dirigent erreichen kann, ist eine Legato-Melodie [...], ein lebendig atmender Fluss".
35 mal beschwört Bike-Bild in Heft 4/2017 den "Spaß", zweimal in der Zusammensetzung "Spaßfaktor". Das ist eine hohe Spaßdichte und zugleich ein sprachliches Armutszeugnis, ganz davon abgesehen, dass Spaß bei der Bild konsequent mit eBikes ab 2000 Euro verknüpft ist. Bei Herrn Schlie müssen Sie nochmal zwei Tausender drauflegen, erst dann kommt der hohe Spaßfaktor, der ihn "alles um [sich] herum vergessen lässt", was mir doch sehr gefährlich erscheint, denn so ein eMTB fährt ohne aufmerksamen Fahrer auch gerne mal den Bach runter.
Apropos Bach. Rechtschreibung ist nicht unbedingt Sache der Bike-Bild. Wer, wie Bild-Chefredakteur Müller (der Mann war mal Lektor!), die "Durchquerung einer Fuhrt" beschreibt, glaubt wahrscheinlich auch, dass es in "Frankfuhrt" einen großen "Fluhghafen" gibt. Das ist in Zeiten von duden.de mehr als erschreckend: "Furt. Substantiv, feminin – seichte Stelle eines Flusses, die das Überqueren gestattet." Und ja: der große Dirigent Furtwängler wird genauso geschrieben, wie es hier steht, nämlich ohne h. Merke: Wer Furt und nämlich mit h schreibt, ist dämlich.
Nicht viel schlauer ist, wer Nebensätze mit "das" statt "dass" einleitet: "Das ich zusammen mit meinem Bruder erneut die anderen drei verpasse – geschenkt." (Seite 72). Ja, "geschenkt", so wichtig ist das wirklich nicht. Aber hat der Springer-Verlag wirklich kein Geld für Lektoren?
Mit welchem Rad der Radl-Buddy des furchtlos furtdurchquerenden Herrn Müller fährt? Na, mit einem "Fous" natürlich. Nichts für mich, denn ein "Fous" Jam2 Pro Plus erinnert zuerst an "verrückt" (frz. fous), dann an traffic jam (Stau) oder Marmelade (engl. jam). Irgendwie fehlt mir da, ha-ha, der Focus. Der Bike-Bild darf man den jam allerdings nicht ankreiden, sondern den verschnarchten Marketing-Droiden der Firma Derby Cycle Holding aus Cloppenburg, die, und auch das ist belegt, nicht einmal Derby richtig aussprechen können.
Bike-Bild? Sparen Sie sich das Geld, bebilderte Werbung gibt es gemeinhin mit besserer Rechtschreibung und überdies gratis. Was Sie aber auf keinen Fall tun sollten, ist zur Konkurrenz zu gehen. Aktiv Radfahren ist ein ganz besonders trauriges Blatt, es sei denn, Sie suchen gerade nach Fahrradklingeln zwischen 3,95 und 55 Euro: Der Artikel "Ding Dong" bietet reichlich Humor, dargeboten von einem Soundingenieur und einer Hörakustikmeisterin.
Oder meinen die beiden das am Ende sogar Ernst?
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